Morgen kann kommen
Lesetipp
Ruth hat seit 15 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester. Als sie zufällig ein zerrissenes Foto im Mülleimer entdeckt, beschliesst sie, sich auf die Suche nach ihrer Schwester zu machen und ihr bisheriges Leben zu hinterfragen. Im Haus ihrer Schwester begegnet sie Menschen, die ihr helfen, aus ihrem alten Lebensmuster auszubrechen: Rudi, ein Mitbewohner, der an einem bösartigen Hirntumor leidet, oder Erdal, ein homosexueller Mann, der mit Gewichtsproblemen kämpft und diese nur halbherzig angeht.
Der Roman schildert nicht nur Ruths Befreiung aus ihrem alten Leben, sondern greift auch Alltagsthemen wie Pubertät, Wechseljahre und Gewichtsprobleme auf. Das Buch bietet ein wunderbares Leseerlebnis mit gelungenen Botschaften: So hält Rudi dem pubertierenden Sohn von Ruths Schwester, der sich immer mehr in sein abgedunkeltes Zimmer zurückzieht und droht zu verwahrlosen, einen eindringlichen Vortrag: «Nur wer sein Bett macht, kann die Welt verändern. Beginne jeden Tag mit dieser kleinen Aufgabe. … Es ist die Erkenntnis, dass es auf die kleinen Dinge im Leben ankommt. Und solltest du mal einen schweren Tag gehabt haben, an dem dir nichts gelingen wollte, dann kommst du nach Hause und dein Bett ist gemacht. Von dir. Und dein gemachtes Bett macht dir Hoffnung, dass der nächste Tag ein besserer Tag wird. Morgen kann kommen.»
Ildikó von Kürthy erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven der ProtagonistInnen, wodurch man die Gefühle und Gedanken der Charaktere intensiver erlebt und der Roman abwechslungsreich wird. Durch ihren humorvollen Stil und die originellen, sympathischen Figuren gelingt der Autorin ein eingängiges und äusserst unterhaltsames Lesevergnügen.
Nicole Stirnimann
Ildikó von Kürthy
Morgen kann kommen
978-3-499-00770-5
ROWOHLT Wunderlich